Aeneas Bastian,
Galerist

Der Galerist Aeneas Bastian zeigte 2007 zeitgenössische Künstler, die sich dem Thema „Mythos“ gestellt haben. Unter ihnen waren Jonathan Meese, Jin Lie, Ilias Papailiakis, David Renggli, Simon Schubert und Diamantis Sotiropoulos.


Tilo Hähnel
Die Kunstgeschichte und der Beginn der Kunst ist ohne Mythen schlichtweg undenkbar. Sie erinnern bewusst an diesen Ursprung der Kunst. Ist das als Rückbesinnung zu verstehen oder wird der Mythos wieder modern?

Aeneas Bastian
Ich glaube, der Mythos ist vielleicht nie unmodern geworden. [...] Wir können heute feststellen, dass es für junge zeitgenössische Künstler ein ganz zentrales Anliegen ist, sich auch mit den alten Mythen auseinanderzusetzen.

Woran könnte das liegen?

Ich glaube, es gibt wieder eine Rückbesinnung nach einer Art Vorherrschaft der Konzeptkunst [...]. Es geht vielen jungen Künstlern darum, sich auch mit diesen Vorbildern, gelegentlich vielleicht auch Übervätern auseinanderzusetzen und aus deren Erbe etwas Neues zu entwickeln.

An welches Erbe denken Sie jetzt konkret?

Man kann an Bilder von Rubens denken, die Schlachtszenen unter Göttern und Giganten zeigen, an die Italienische Renaissance mit Leonardo oder Raffael. Man kann aber auch an mittelalterliche Bilder denken, die dieser neuen Generation an Künstlern Vorgaben machen, aber nicht unbedingt einengend sein müssen, sondern auch auffordern, sich damit kritisch und auf spielerische Art und Weise auseinanderzusetzen.

Was ist ihrer Meinung nach Unterschied zwischen Mythos, Mystik und Religion?

Ich würde „Mythos“ erstmal im Gegensatz zum „Logos“ definieren, wie es in der griechischen Geistesgeschichte gemacht wurde. Mythos ist das „nichterklärbare Ursprungsbild“ - im Unterschied zur reinen Logik, zum „verstandesmäßig Erfassbaren oder Nachvollziehbaren“ - während Mystik in den Bereich des Okkulten, Spirituellen gehört und Religion immer mit einer der großen Weltreligionen verbunden wird, also für uns insbesondere natürlich Christentum, Islam und Judentum.

Ein großer antiker Mythos ist der Kampf um Troja. Er wurde vom Griechen Homer in der „Ilias“ beschrieben und vom Römer Vergil in der „Aeneis“. Wenn Aeneas Bastian auf Ilias Papailiakis trifft, ist dann die Auseinandersetzung mit der Mythologie unausweichlich?

Ich glaube (lacht), die Auseinandersetzung ist unausweichlich. Ich kann vielleicht sogar noch hinzufügen, dass ich meine Promotion über die Geschichte des Sisyphus- Mythos geschrieben habe. Also es gibt so etwas wie ein mythisches Urinteresse, dass ich auch nicht verleugnen möchte.


Das Interview wurde am 15. Mai 2007 auf RADIOROPA Berlin gesendet und ist in der RADIODOPA Programmbeilage Juli/2007 abgedruckt worden.